Der Traum ist aus. (Teil 1)
Die einzig wahre und liebevollste Geschichte die ich an und in meinem Körper erfahren durfte. Die Geschichte über einen Traum der in mir heranwächst, der Se(e/h)nsüchte schürt und irgendwann einfach aus ist und dadurch noch mehr Lebensfreude freisetzt. Die Kurzfassung kann man ja schon unter Kennenlernen (auf lieblos.de) lesen,- doch ich weiss, es ist euch nicht genug! Ihr wollte die lange Version, die Version in der Sven anfängt zu Schwärmen, in der die Liebenswürdigkeit aus den Sätzen quillt und die Schönheit der Lyrik euch die grausam kalten Abende erwärmt. Ihr sollt sie haben! Hier und jetzt, der erste Teil der etwas längeren Geschichte die uns diesen Winter und wahrscheinlich die nächsten ;) begleiten wird:
Da steh ich nun vom Steg aus an die Seereling der Beberich gelehnt. Meine Beine zittern ein wenig und dies nicht nur weil es sich um einen dieser schmalen und wackeligen Schwimmstege handelt die hier in Bremerhaven üblich sind. Die Seereling biegt durch mein Körpergewicht etwas durch, dennoch scheint es nicht nur das Gewicht meiner Arme zu sein die hier auf die Reling drücken. Ich fühle mich als ob in diesem Moment alle Last, alle Träume und alle euphorische Vorfreude von mir fällt und auf den Drahtseilen landet. Meine Augen blicken leer über das Deck und die Welt verstummt für mich einen kleinen Augenblick lang. Nur ganz weit entfernt nehme ich war wie sich meine Crew mit meinen Eltern unterhält, wie mein Bootsmann sich um den letzten Feintrim der Fender kümmert und alle zusammen unser Ankommen feiern. Die vielen Schiffe und Boote um mich rum nehme ich zu diesem Zeitpunkt nicht wahr, auch wenn sie nicht zu übersehen sind. Überall liegen sie, über die Toppen geschmückt, als ob sie nur auf mich gewartet haben. Neben uns eine Motoryacht und auf der Steuerbordseite eine Segelyacht – und ich stehe dort und blicke leer in das Bootsspektakel hinein. Gedanken kreisen nicht im Kopf, es ist nicht nur um mich rum still, auch in mir drin ist es still und es scheint als ob ich seit vielen Jahren das erste mal so etwas wie innere Ruhe spüre. Plötzlich schiesst aus der letzten inneren Ecke ein Gedanke hinter die Stirn, „Der Traum ist aus!“ und in wenigen Sekunden sehe ich meinen Traum von Anfang an durch meinen Kopf ziehen, merke wie mein Blick Richtung Südwest schaut; dort wo damals alles begann:
„Wir fahren zu Tante Annelie und Onkel Peter, ihr könnt dann ja ein wenig am Dümmer spielen und euch den Tag vertreiben“, sagte meine Mutter. Mir war nicht ganz wohl dabei. „Bei den Beiden find ich es nicht spannend, wieder den ganzen Tag rumtrödeln, spazieren gehen“, denke ich bei mir, „und das obwohl ich hier wahrscheinlich viel mehr Spass an Papas 64er haben könnte.“ Als 14 Jähriger muss man wohl oder übel noch tun was die Eltern sagen und wenn es am Wochenende eben zur Schwester der Mutter geht, dann geht es dort hin auch wenn ich eine Laune verspürte die in Gedanken einen Stein nach dem anderen gelangweilt über die Strasse kickte. Auf der Fahrt von Bremerhaven an den Ort des Geschehens dachte ich über das neue Programm nach das ich gerade versuchte zu entwickeln, ging in Gedanken durch wie man den Zeichensatz noch optimieren könne, … und man müsste die Kiste irgendwie schneller bekommen – und überhaupt – die zeitkritischen Routinen muss ich wohl oder übel dann doch in Assembler schreiben, auch wenn das wieder einige Nachmittage in Anspruch nehmen würde. Computer waren die Abenteuer der Zeit, es gab nicht viele Davon und Papa hatte einen. Sie stellten ganz neue Herausforderungen bereit und faszinierten durch die Gradlinigkeit die sie an den Tag legten. Ein einfaches,
10 PRINT „SVEN IST TOLL!“
20 GOTO 10
veranlasste den Computer den Satz „Sven ist toll!“ für immer und ewig auszugeben – bis der Strom ausgeht oder man ihn abbrach. Ohne Nachzufragen, ohne Fragen zu stellen oder nach dem Sinn zu suchen. So in meinen Gedanken vertieft merkte ich gar nicht wie wir die weite Strecke zum Dümmer hinter uns brachten und ankamen. Wie befürchtet begann der Spaziergang Richtung See und ich fing an Steine vor mir herzuschiessen. Doch plötzlich standen wir auf einem Bootssteg, genau vor einem blauen Segelboot das mein Onkel als seins vorstellte. Erst in diesem Moment schlossen sich die Durchzugsklappen meiner Ohren und die Aufmerksamkeit kehrte zurück. Man könne ja mal rausfahren, einwenig segeln gehen – „Hey Sven, würde dir das gefallen?“, fragte man mich. Meine aktuellen Assemblergedanken sprangen zur Seite, machten dem Neuen Platz und ich lies mich auf das Experiment ein. Neugierig war ich auf jeden Fall. Alles Neue interessiert mich und so auch ein kleines wackeliges Ding das sich über das Wasser bewegen kann. Die blaue Lis-Jolle trugen meinen Onkel und mich raus auf den See und es stellte sich schnell eine ähnliche Faszination für diese Art von Fortbewegung wie für diesen kleinen Brotkasten zu hause heraus. Tat der 64er genau das was ich ihm an Befehlen gab und war damit sehr rational, so konnte man hier an irgendwelchen Seilen zupfen und schon bewegte sich das Boot nur durch den Wind über das Wasser. Ganz ohne Strom, und ohne Stop an der Tankstelle. Ohne wirklich zu verstehen was mein Onkel da tat und warum ich jetzt weiter nach vorne zur Bootsspitze rutschen musste gab es zumindest Arbeitsweisen die ich schnell verstand. Bei wenig Wind einwenig mehr in der Mitte des Bootes sitzen und wenn der Wind mehr wird, mehr zu der Seite rutschen wo sich das Segel gerade nicht befindet. Es schien nicht schwer und doch so undurchsichtig wie dieser flimmernde Schirm vor einigen Jahren zu hause. Mein Onkel merkte wohl, dass ich leichten Gefallen am Segeln fand und lud mich ein, vielleicht in ein paar Wochen noch einmal vorbei zu schauen. Es würde eine Regatta geben und sein Vorschoter hätte keine Zeit. Wenn ich Lust hätte könnte ich die Position bekleiden. So stieg ich nach unserem Segeltörn voller Stolz aus dem Boot auf den Steg und stolperte voller Übermut in Richtung meiner Eltern. Ich könnte an einem Segelrennen teilnehmen, mit Onkel Peter, „bitte, bitte – bitteeee, ich darf Vorschoter sein!“ Ohne zu wissen was ein Vorschoter ist bettelte ich regelrecht mitmachen zu dürfen. Wahrscheinlich schauten meine Eltern in diesem Moment über meinen Kopf herüber in Richtung meines Onkels und warteten ein Kopfnicken von diesem Ab – so wie man es kennt wenn die Kinder mit einer überschwänglichen Bitte angeschossen kommen, die mit einem dritten Erwachsenen zu tun haben. Mein Onkel schien genickt zu haben. Es brauchte keine grossen Überredungskünste um meine Eltern zu einer Zusage zu bewegen. Ich müsse nur alleine mit dem Zug hierher kommen am besagtem Wochenende, das wäre die einzige Bedingung. Ich nahm es wohlwollend in kauf und freute mich mit einem Herzklopfen auf ein Rennen bei dem ich dabei sein dürfe. Ich bei einem Rennen, ich der immer der letzte beim 100m Lauf war, der immer fast bis zum Schluss in der Reihe stand wenn es darum ging das die anderen ihre Mannschaft beim Sport aussuchen durften. Ich wurde von meinem Onkel ausgesucht die – nach seinen Worten – doch so wichtige Position beim Segeln zu bekleiden. Hätte Stolz Volumen, so wäre ich dieser Tage um das Doppelte angewachsen damit er komplett Platz in meinem Körper fände. Wow, ich – Spass an einer Sportart – und dann ein Rennen fahren – ich konnte es einfach nicht fassen und so waren Zeichensatzoptimierungsprobleme auf der Rückfahrt nicht einmal kurzzeitig in meinem Gedankenprogramm. Mehr machte ich mir Sorgen ob ich meinen Onkel nicht enttäuschen würde, ob ich alles richtig machen würde und wie ich das überhaupt schaffen sollte ohne das ganze Segeln doch verstanden zu haben.
Ihr fragt euch wie das Rennen ausgeht? Habt Geduld, es geht weiter genau hier in diesem Theater, hier auf der liebevollsten Seite im Netz!
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